"Nazis raus!" brüllen hilft nicht mehr. Vor zehn Jahren war das alles anders. Da hatten wir gerade die 90er überstanden. Mit Lichterketten, Batik-Tüchern, Tribal Techno und Multikulti-Romantik. Und, ja: Es gab sie noch, in Springerstiefeln und Bomberjacken; und sie haben Menschen zu Tode geprügelt und aus Zügen geworfen. Und was anderes konnten wir sagen, wir, die geschockt und empört und verängstigt und vielleicht einfach nur wütend diesen Gefühlen Worte verleihen wollten? Nazis raus! (Niemand ist damals auf die Fragen "woraus und wohin eigentlich" gekommen).
Aber heute sollten wir mal die Inventarliste abgleichen: Rechtsextreme? Check! Steineschmeisser? Check! Dumpfe politische Mitte? Check!
Nazis: Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich irgendjemand, egal wie radikal oder bescheuert, ernsthaft als "Nazi" bezeichnet. Genauso wenig wie es bekennende Rassisten gibt. Rechte Jugendkultur ist mittlerweile genau das - eine Jugendkultur. Hauptsächlich ansässig in Ostdeutschland und in der Regel überall da, wo's keine Arbeit und paradoxerweise auch keine POCs gibt. Darüber brauchen wir nicht streiten: Ostdeutsche Jugend ist, abgesehen von West-Berlin, einfach rechtslastig. Das ist aber gar nicht unser Problem. Als "Bindestrich-Deutsche" wissen wir, dass Rechtsextreme scheiße sind, die finden uns ja auch scheiße. Keine große Sache. Gefährlich schon, aber das wußten wir halt schon seit den 90ern.
Problematisch hingegen ist die ideologisch Linke und die matschige Mitte. Schon mal versucht einen weißen, dreadgelockten Linken davon zu überzeugen, dass Ethno-Clash Outfits kolonialrassistische Stereotype reproduzieren? Ganz schwer! Und die liberalen Gutmenschen? Und die Nachbarn? Und die nette Tante an der Kasse? Fangen wir erst gar nicht an. Dazu gibt es dutzende tolle Bücher, die ich gar nicht mehr aufzählen kann. Wenn Du nicht aus Neugier oder Versehen auf diesem Blog gelandet bist, dann wirst Du sie ja eh alle kennen.
Wie wär's denn mit "Sarrazins raus!", oder "Banker raus!", oder etwas Klassisches: "Ausländerbehörden-Schreibtischtanten raus!", "Unreflektierte Journalist_innen raus aus der TAZ!"? Ich weiß es doch auch nicht. "Batik-Muttis raus aus dem Trommelkurs!" Lasst Euch was einfallen, aber verschwendet nicht Eure Energie für Messages, die eh keinen mehr vom Hocker hauen. Sorry Nosliw, der Zeitgeist verlangt gerade mehr Kreativität und vor allem ernsthafte Auseinandersetzung. Die Mucke ist trotzdem ...tanzbar.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen